Die Entwicklung der Musikpädagogik
Bis etwa 1840 war es üblich, dass ein Komponist mit einem engagierten Orchester seine eigene Musik aufführte - ergänzt durch wirkungsvolle Soloeinlagen und beendet mit einer Improvisation.
Die „alte“, also historische Musik der vorhergehenden Generationen wurde nur von den Komponisten selbst zu privaten Zwecken studiert.
Dies änderte sich, als Joh. Brahms (1833-1897) begann, auch Werke der vorhergehenden Generationen in der Öffentlichkeit aufzuführen, und es dauerte nicht lange, da war es allgemeiner Gebrauch, neben der aktuellen Musik auch alte Werke aufzuführen.
Allerdings beschwerten sich viele Komponisten über die Missachtung ihrer Aufführungsabsichten, weil ihre Musik nicht so gespielt wurde, wie sie sein sollte (falsche Tempi, verfehlter Vortrag und Phrasierung, etc.).
Mit dem Grad, wie sich der Zeitgeist wandelte, veränderte sich auch der Ausdruck in der Kunst, was sich wiederum auf die Kompositionen, Aufführungen, Spieltechnik und Musikinstrumente auswirkte, die bautechnisch angepasst werden mussten. Die Musik wurde individueller, komplizierter, aufwändiger, vielfältiger und umfangreicher.
Die Lehrer des 19. Jh. waren nun weniger Komponisten, sondern praktizierende Instrumentalisten, wie z.B. Pianisten, die nun vermehrt das Unterrichten zum Mittelpunkt ihres Berufslebens machten.
Allerdings entstanden durch falsche Spieltechniken verschiedene Leiden und Krankheiten; die Lehrer waren oft zerstreut, cholerisch, unvorbereitet, oft nicht kompetent genug, ihnen fehlten Menschenkenntnis, die nötige Musiktheorie, Didaktik und Methodik, die ästhetische und historische Kunstkenntnis etc.
So musste man sich Gedanken machen, wie die Musikwerke authentisch im Sinne des Komponisten aufgeführt und die Musikinstrumente technisch und musikalisch besser gespielt werden könnten.
So kämpfte Adolph Bernhard Marx für die systematische Musik-Lehrerbildung und forderte sogar eine offizielle Musiklehrerprüfung. 1848 verfasste er eine entsprechende Denkschrift mit einem musikpolitischen Aufruf.
So entstanden 1875 in Wien und 2 Jahre später in Kassel bereits lokale Musiklehrer- bzw. Klavierlehrervereine, weitere folgten.
Richard Wagner (1813-1883) hat 1865 einen Bericht an Seine Majestät den König Ludwig II. von Bayern über eine in München zu errichtende deutsche Musikschule geschickt.
Für Wagner ist der Begriff „Konservatorium“ eine Schulinstitution, die einen „klassischen Stil“ deutscher musikalischer Vortragskunst „konservieren“ soll.
Pädagogik erscheint hier als Voraussetzung einer authentischen Aufführungstradition deutscher Kunstmusik.
Ludwig Deppe forschte sehr intensiv auf dem Gebiet von Spielschäden durch falsche Spieltechniken nach. Er beobachtete sehr genau das Spiel der großen Virtuosen, besonders von Franz Liszt und Sigismund Thalberg.
Er analysierte auch seine eigenen Spielbewegungen und entwickelte entsprechende Lehrwerke zum ökonomisch richtigen Einsatz der gesamten Spielapparatur mit Finger-, Hand-, Ellbogen- und Schultergelenken.
1885 veröffentlichte er die kleine Schrift „Armleiden des Klavierspielers“ in der „Deutschen Musiker-Zeitung“.
Seine Werke wurden systematisch und konsequent weiterentwickelt: Erst von Rudolf Breithaupt, dann von Leimer, Gieseking, Neuhaus etc.
1925 schließlich wurde der Unterrichts-Erlaubnisschein nach der bestandenen staatlichen Privatmusiklehrerprüfung für den privaten Musikunterricht eingeführt, zunächst aber nur für Preußen, einige Jahre später dann für das gesamte Deutsche Reich.
Zusätzlich wurden Schule, Eltern, Behörden, Musiker und Musiklehrer um ihrer großen Verantwortung wegen aufgefordert, Mut und alle Kraft aufzubringen, um sich gegen schlechte Musik und gegen schlechten Musikunterricht zu wenden, um den jungen Menschen den rechten Weg in die Musik zu erschließen.
Leider wurde der Unterrichts-Erlaubnisschein von der Militärregierung nach 1945 wieder aufgehoben.